Quelle | Stadt Kolbermoor |
Kreativität! Kritische Reflexionen zu einem Schlüsselbegriff philosophischer Anthropologie
Rathaus Kolbermoor
2025
Die Veranstaltung
P120"Kreativität" ist grundsätzlich eine positive menschliche Fähigkeit, aber als Begriff heute inflationär, schließlich müssen wir ja zur Rettung unserer Zukunft kreativ sein.
Auch die Werbung erhebt diesen Anspruch, aber ist das Bewerben beliebiger Produkte in jedweder Form von Rhetorik in Wort und Bild schon kreativ? Und gilt dieser Begriff auch für neue ökonomische Konzepte zur Profitmaximierung?
Globale Begeisterung löst gegenwärtig der Begriff "Disruption" aus: Also das Vorhandene und Gewachsene zerstören und zum Wohle der Menschheit aus dem Chaos Neues schaffen, wobei sich zur edlen Absicht gerne Eitelkeit und Gier gesellen. Und der Totalitarismus wollte Gesellschaften im Sinne pervertierter teleologischer Geschichtsphilosophien mit Abermillionen ermordeter Menschen "schöpferisch" neu formen. Kreativität ohne Ethik kann offensichtlich in Wahnsinn umschlagen.
Echte Kreativität hat jedoch unbestritten stets positive Folgen gezeitigt. Das Genie war immer der Inbegriff des Kreativen schlechthin. An ihm erkennen wir, wozu der Mensch imstande ist, doch klassischer Metaphysik zufolge ist die Schöpfung aus dem Nichts ausschließlich eine Eigenschaft Gottes. Die Begeisterung der Renaissancehumanisten über die Schöpferkraft des Menschen war somit theologisch suspekt.
Der Transhumanismus arbeitet übrigens längst an der kreativen Optimierung des Menschen mit allen Mitteln. Sollten wir doch noch zu Göttern werden? Künstliche Intelligenz wiederum wirft ganz neue Fragen auf und ihre Folgen sind unabsehbar. Posthumanistisch gefragt: Sind Maschinen kreativer als wir und werden wir gegen sie verlieren? Also was ist denn heute eigentlich kreativ und was nicht?
Es bleibt nur eines: Nüchtern bleiben und das Thema "Kreativität" perspektivisch und kritisch reflektieren.Referent: Dr. Stefan Schmitt